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Aus einem erfolgreichen 100-Milliarden-Projekt für „Innovation“ lernen

Zum kommenden Jahreswechsel

Jeff Bezos, Gründer und Leiter von Amazon, besitzt seit diesem Jahr ein Vermögen, das mehr als 100 Milliarden $ wert ist. Was lässt sich von diesem „Projekt“ lernen, dessen Börsenkurs 1997 1,5 $ betrug und der heute bei mehr als 1‘000 $ steht? Welches sind die Triebkräfte, die solch ausserordentlichen Erfolg ermöglichen?

Wahre Kundenbesessenheit
1997 hat Amazon bereits 1,5 Millionen Kunden bedient. Der Umsatz war um 838 % gewachsen auf 147,8 Millionen $, und das Unternehmen behauptete sich gegen aggressive Markteintrittsversuche von Konkurrenten. 1997 war für den Firmengründer Jeff Bezos das Jahr, in dem für Amazon das Internet begann. Bezos bezeichnete diesen Tag als „Day 1“. Seine Vision war, dass das Internet helfen kann, Kosten zu senken und den Kunden wertvolle Zeit zu sparen.

„Wie sieht denn „Day 2“ aus?“, wurde Bezos von Mitarbeitenden gefragt. Er hat diese Frage im Jahresbericht 2016 an die Aktionäre beantwortet und erläutert: „“Day 2“ ist Stillstand. Gefolgt von Irrelevanz. Gefolgt von einem furchtbaren, schmerzhaften Rückgang. Gefolgt durch den Tod des Unternehmens. Und deshalb muss bei Amazon immer „Day 1“ sein.“

Sie kennen vielleicht die Atmosphäre in einem „Day 1“ Unternehmen. Nehmen Sie zum Beispiel ein Startup-Unternehmen, das frisch gegründet worden ist und mit der Realisierung seiner Geschäftsidee beginnt. Alle Mitarbeitenden sind begeistert und enthusiastisch. Ähnliches können Sie erleben, wenn Sie in Zürich einen Hackathon besuchen, in dem Softwareentwickler während 24 Stunden nonstop programmieren, um in einem Wettbewerb der Besten zu gewinnen. Unglaublich, diese Stimmung und diese Energie.

Um als Unternehmen im „Day 1“ Status zu bleiben bedarf es grosser Energie. Unternehmensleitungen müssen geduldig experimentieren, Fehler zulassen, Saatgut streuen und noch junge Pflänzlein schützen. Und die Anstrengungen verdoppeln, wenn die Kunden begeistert sind. Eine kundenorientierte Kultur schafft die besten Voraussetzungen, damit all dieses gelingen kann.

Proxies widerstehen
Wenn Unternehmen dann grösser und komplexer werden entsteht eine Tendenz, die Verantwortung an Stellvertreter zu übergeben, sogenannte Proxies. Dies geschieht in verschiedenen Schattierungen und Grössen. Diese kommen subtil daher, sind sehr gefährlich, und das ist „Day 2“ für ein Unternehmen.

Ein bekanntes Beispiel sind Geschäftsprozesse als Proxies. Gute Geschäftsprozesse helfen dem Unternehmen, Kunden gut zu bedienen. Aber wenn Sie nicht aufpassen wird plötzlich der Geschäftsprozess der Hauptdarsteller. In einer grossen Organisation kann dies ganz leicht geschehen. Der Geschäftsprozess wird der Proxy für das Resultat, das Sie erwarten. Sie hören auf, auf die Resultate zu schauen und stellen nur noch sicher, dass Sie den Prozess richtig ausführen. Es ist nicht so selten, dass eine junge Führungskraft ein schlechtes Geschäftsergebnis begründet mit „Wir haben den Geschäftsprozess eingehalten“. Eine erfahrenere Führungskraft würde dies zum Anlass nehmen, den Prozess kritisch zu hinterfragen und zu verbessern. Der Prozess ist nicht das Ding. Es ist immer eine gute Sache, zu hinterfragen „Beherrschen wir den Geschäftsprozess, oder beherrscht der Prozess uns?“. In einem „Day 2“ Unternehmen können Sie feststellen, dass es das zweite ist.

Ein zweites Beispiel sind Marktforschung und Kundenbefragungen, die Proxies für Kunden werden können. Dies ist besonders gefährlich, wenn Sie neue Produkte erfinden und entwickeln. „55 % der Betatester sind zufrieden mit diesem Feature. Das ist 47 % mehr im Vergleich zum ersten Feldversuch.“ Das ist schwer zu verstehen und könnte unabsichtlich fehlinterpretiert werden.

Gute Erfinder und Produktentwickler verstehen ihre Kunden mit Tiefgang. Sie investieren unglaublich viel Zeit und Energie, um ihre Intuition zu entwickeln. Sie studieren und verstehen viele Anekdoten rund um ihr Produkt, anstatt nur mit Mittelwerten zu arbeiten, die sie in Statistiken finden. Sie leben mit der Produktentwicklung.

Ich bin nicht gegen Betatests oder Marktumfragen. Aber Sie, der Direktor oder Product Owner, müssen den Kunden verstehen. Sie müssen eine Vision haben und das Produkt lieben, das das Unternehmen anbietet. Dann können Ihnen Betatests und Marktbefragungen helfen, Ihre blinden Flecken zu erkennen. Ein aussergewöhnliches Erlebnis für den Kunden beginnt mit Herz, Intuition, Neugier, herumspielen, riechen, schmecken und verstehen. Das finden Sie alles nicht in einer Umfrage.

Entscheidungen mit Herzblut treffen
Alles, was wir im Leben erreicht haben, beruht auf unseren Entscheidungen, die wir getroffen haben – bewusst oder unbewusst. Wenn der Schlüssel zu einem solch grossartigen 100-Milliarden-Dollar Unternehmenserfolg wie Amazon darin liegt, dass man als Unternehmen den „Day 1“ Status beibehalten kann, welche Entscheidungen müssen Sie 2018 für sich persönlich und für Ihr Unternehmen treffen? Welche Entscheidungen sind grundsätzlicher Natur? Wo müssen Sie in den Entscheidungen schneller werden? Und wo müssen Sie bessere Entscheidungen treffen? Damit bei Ihnen persönlich und in Ihrem Unternehmen permanent „Day1“ herrscht?

Mit dieser Anregung und diesen Gedanken wünsche ich Ihnen einen guten Rutsch in ein glückliches und erfolgreiches 2018.